Neptuns edle Versuchung

Maserati stürmt mit dem Grecale in die Sparte der Mittelgroßen-SUVs und übt sich in dem, was die Italiener am besten beherrschen: Stilvolle Autos bauen.

Die Liste der Modelle, gegen die der Grecale konkurriert, könnte nicht eindrucksvoller sein: BMW X3, Mercedes-Benz GLC und vor allem Porsche Macan sind schwere Kaliber in einer Preisklasse, in der ein gewisser Grad an Luxus und Sportlichkeit bereits beim Einstiegsmodell erwartet wird. Als Basismodell kann der Grecale GT in der Klasse mit der höchsten Leistung auftrumpfen. Diesen und die Variante Modena gibt es mit vier Zylindern und jeweils 300 und 330 PS, richtig sportlich wird es dann mit dem Trofeo – hier wartet ein rassiger V6-Benzinmotor mit 530 PS und 620 Nm Drehmoment. Bei unserem Testwagen in der GT-Version können wir zwar nicht die volle Leistung testen, die Pferde unter der Haube reichen aber für eine Ausfahrt über die herbstlichen Hügel der Steiermark. Auf den vernebelten Waldstraßen, die Großteils von orangenen Blättern beschmückt sind, lässt sich der Grecale (und dessen Sitzheizung) perfekt auf Herz und Nieren testen. Nach einer kurzen Eingewöhnungsfahrt um den Motor, die 8-Gang-ZF-Automatik und mich auf Temperatur zu bekommen, scheint der Grecale bereit, mir zu zeigen was in ihm steckt. Ein schneller Dreh am Modus-Schalter am Lenkrad und der Fahrmodus wechselt zu Sport. Hier senkt sich die Fahrhöhe um 15 Millimeter, Lenkmanöver sind direkter und der Dreizack entwickelt eine Fahrpersönlichkeit, die eines Maserati würdig ist. Der Gedanke, dass 300 PS vielleicht nicht genug sein könnten, wird mit dem ersten Durchdrücken des Gaspedal schnell vergessen. Hektisch aufeinander folgende Kurvenkombinationen werden gleitend gemeistert, von Untersteuern ist keine Spur zu finden. Selbst kurze Powerslides sind möglich, wobei wir natürlich nur raten. Die Giorgio-Plattform, welche bereits bei Alfa Romeo für Giulia und Stelvio zum Einsatz brachte, liefert eine hervorragende Basis und sorgt mit dem Luftfahrwerk für eine Balance, bei der keine Wasserwaage der Welt anschlagen würde. Selbst der Vierzylinder-Motor legt mit offener Abgasklappe an Mut zu und brummt eine überraschend blecherne, ansehnliche Melodie. Da frage ich mich, hat Maserati nicht vielleicht doch einen Sechszylinder Trofeo für mich parat?

Wieso der Vierzylinder Grecale mehr als Genug ist und was er sonst noch auf Lager hat erfahren Sie in AUTO-aktuell 4/22!

© Roland Stengg

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